Kaum zu glauben? In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden bereits erste Gebiete auf Veranlassung der fürstlichen Verwaltung im Schloß Putbus unter Naturschutz gestellt. Wie Moritz Wieprecht in der "Rügenschen Heimat" (Nr. 8, erschienen in Putbus im August 1931) zu berichten wusste, legte der damalige Garteninspektor Carl Günther (s. o.: Gedenkstein) die dafür erforderlichen Grundlagen.
In der Betrachtung dazu wurde bereits auf die Urwüchsigkeit des Baumbestandes der Insel Vilm hingewiesen, der schon zu jener Zeit als unberührter Wald galt, der sich schon damals durch einen bunten Wechsel der Holzarten, uralter Bäume sowie abgestorbener Bäume in allen Stadien des Zerfalls zeigte. Auch der Bedeutung und Einzigartigkeit der Feuersteinfelder war man sich zu jener Zeit bewusst. In Bezug auf die Mukraner Stechpalmen wurde betont, dass es sich dabei um bodenständige Pflanzen handle, die schon im "Wendisch-Rügianischen Landgebrauch" von Normann (um 1586) Erwähnung fand. Sorge drückte man in Bezug auf den Seeadler aus, jenes Wappentier, welches bei ungenügendem Schutz nur noch als ausgestopftes Exemplar den Nachfahren bekannt sein könnte. Die Möwen und den Schutz ihrer Kolonien betrachtete man bereits vor fast einhundert Jahren als Teil des Landschaftsbildes. Und führte dazu speziell speziell mit dem Blick auf die Landeshymne - das "Pommernlied" den textlichen Heimatbezug aus:
"Weiße Möwen fliegen in der blauen Höh, weiße Segel fliegen auf der blauen See..."
Nachdem sich im 19. Jahrhundert die ersten Naturschutzvereine in Deutschland gründeten, gab es Anfang des 20. Jahrhunderts erste Forderungen nach gesetzlichen Regelungen. Heute gilt die 1906 in Danzig gegründete "Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen" als erste Behörde, die sich der Aufgabe verschrieb, Naturdenkmäler zu ermitteln, zu erforschen und unter dauerhafte Beobachtung zu stellen. Sie ging auf eine Denkschrift (1904) von Hugo Connevitz zurück, der darin die durch Industrie, Landwirtschaft und Bevölkerungswachstum verursachten Naturschäden untersuchte. Sein 1912 ins Preußische Parlament eingebrachter Entwurf eines Naturschutzgesetzes scheiterte damals noch am Widerstand staatlicher Stellen. Auch in der "Verfassung des Deutschen Reichs" heißt es nach dem ersten Weltkrieg unter Artikel 150 lediglich:
"Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft genießen den Schutz und die Pflege des Staates. Es ist Sache des Reichs, die Abwanderung deutschen Kunstbesitzes in das Ausland zu verhüten."
Die Feuersteinfelder haben seit 1935 einen staatlichen Schutzstatus |
Eine Regelung amtlicher Belange des Naturschutzes erfolgte dagegen erst durch das "Reichsnaturschutzgesetz" vom 26. Juni 1935. Dieses definierte erstmals Schutzzonen und führte den Begriff des "Landschaftsschutzgebietes" ein. Hier wurden auch der Artenschutz für Pflanzen und nicht jagdbare Tiere gesetzlich festgeschrieben.
Für die Naturschutzgebiete der Fürstlichen Verwaltung erfolgte eine Weiterentwicklung des Schutzstatus: So wurde die Feuersteinfelder im nördlichen Bereich der Schmalen Heide noch im Jahr 1935 unter Naturschutz gestellt. Am 2. Dezember 1936 erfolgte auch die Unterschutzstellung der Insel Vilm durch die Verordnung des Stettiner Regierungspräsidenten. Der staatliche Status eines Naturschutzgebietes für den des Selliner Sees erfolgte 1990. Im Rahmen des Nationalparkprogramms der DDR wurde damals der Südosten der Insel Rügen sowie den Rügischen Bodden zum Biosphärenreservat Südost-Rügen erklärt. Dieses schließt auch die Insel Vilm mit ein.
An den Garteninspektor Carl Günther erinnert heute übrigens noch ein schlichter und unscheinbarer Stein am Wegesrand im Park von Putbus. Wer vorbei an der Schloßkirche und dem Schwanenteich in Richtung Jägerhütte wandert, entdeckt ihn schon bald an eine Weggabelung, wo es linker Hand zum Kiregerdenkmal geht.
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