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Auf unserem neuen Streifzug über die Insel wenden wir uns dieses Mal Sagard zu. Schon der Name - 1250 Zagarde, 1318 Sagharde, 1380 Zagharde - offenbart: Hier ist ein interessanter Flecken bezeichnet, der sich einst "neben der Burg" befand. Eine Burg? Bei Sagard? Ja, kaum zu glauben. Der Burgwall - eingeebnet und damit flacher als ursprünglich - ist aber noch ansatzweise zu "Capelle" und damit westlich der Durchfahrtsstraße in Richtung Wittow erkennbar. 

Er diente - wenn man den alten Überlieferungen von Prof. Dr. Haas glauben mag - einst dem Schutz einer Tempelburg, Kultstätte des slawischen Gottes Pizamar und zur Verwaltung des Gardvogteibezirkes Jasmund. Vielleicht trug er sogar den Namen "Jasmund", wie es die Knytlinga Saga vermuten ließe. Der spätere Name "Capelle" bezog sich dabei wahrscheinlich auf eine aus Holz bestehende Kapelle, die nach der Zerstörung des Tempels den Flecken geziert haben soll.


Mit dem Einzug des Christentums ab 1168 kam es aber auch zu einem verstärkten Zuzug deutscher Kolonisten. Die einst errichtete Kapelle verlor so wohl zwangsläufig weiter an Bedeutung, da man in Sagard längst eine eigene Kirche errichtet hatte, die dem heiligen Michael geweiht war. Schließlich wurde die alte Kapelle sogar abgebrochen, worauf sich nicht nur das kirchliche sondern auch das wirtschaftliche Leben von "Gard" (Burg) nach "Sagard" verschob.


Sagard hat seither Bedeutung gehabt. Schließlich befand sich der Ort am alten Handelsweg für die Heringe (Vitte - Altenkirchen - Schaabe - Ruschvitz - Sagard - Schmale Heide - Bergen - Rothenkirchen - Altefähr - Stralsund). Sicher auch ein Grund dafür, weshalb auch der Krug von Sagard - "Taberna Zagard" - erhebliche Nachfrage erfuhr. Er fand ebenso um 1300 Erwähnung, wie die Mühle - die als "Novum Molendinum" bezeichnet wurde. Ob es wirklich eine Wassermühle war, kann dagegen heute nur vermutet werden. Zumal gleich mehrere Mühlen früher das Ortsbild bestimmten, wie die Mühle bei Capelle am Sagardschen Bach, auf deren Standort noch die Wegbezeichnung "Mühlenkaten" verweist. Eine noch bestehende Windmühle befindet sich dagegen unweit des Bahnhofs -  allerdings büßte sie in den letzten Jahrzehnten ihre Flügel ein.


In Sagard lebte man lange Zeit weitgehend vom Ackerbau. Dazu erlangte auch das Handwerk einen hohen Stellenwert: Neben den Schuhmachern, gab es Töpfer, Brauer und Bäcker. Letztere fuhren, vergleichbar vielleicht mit heute, auch auf Märkte, um einen zusätzlichen Absatz zu erzielen. Äußerlich hatte sich der Ort in Bescheidenheit geübt. Strohgedeckte Häuser, unregelmäßig gepflasterte Gassen - so jedenfalls beschrieb Johann Jacob Grümbke den Ort. 1804 hatte schließlich der Sagardsche Bach, der den Ort von Osten nach Westen durchfließt, eine Brücke erhalten. Im Jahre 1819 zählte man schon 106 Wohnhäuser (Feuerstellen).


Zu überregionaler Bekanntheit von Sagard trug der Pastor von Willich bei, als er mit Hilfe seines Bruders Dr. Moritz von Willich 1794 den "Sagarder Gesundbrunnen" - das erste Bad der Insel - eröffnete. Grund genug der "Brunnenaue" noch etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen, auch wenn die weitere Entwicklung als Mineralbad bereits mit der Besetzung durch Franzosen im Jahre 1807 massiv gestört wurde. Schließlich handelt es sich bei der "Middelbäk" (Mittelbach) und der "Schlonerbäk" (Schlonerbach), die sich im Sagardschenbach vereinen, um Wässer, die sich aus 11 kalk- und kohlensäurehaltigen Quellen speisen. 


Diese nicht nur nutzbar für den Alltag sondern auch zu Heilzwecken anwendbar zu machen, war das Verdienst  des bereits erwähnten Sagarder Pastors Heinrich Christoph von Willich (1759-1827). Wie Karl Friedrich Rellstab (1759-1813) berichtete, kam das Heilwasser damals bereits zur Anwendung... "...indem es eine vortreffliche Ausleerung eines zähen Schleimes durch die Brust bewürkte und danach gar große Erleichterung verschaffte."  Und zur Einrichtung des Mineralbades ergänzte Johann Friedrich Zöllner (1753-1804) in seiner "Reise durch Pommern nach der Insel Rügen und einem Theile des Herzogthums Mecklenburg im Jahre 1795": "Mitten in einer Pferdekoppel und zwar einige hundert Schritt von dem Flecken entfernt, quillt der Brunnen und bewässert die romantische Gegend mit siberreinen Bächen. Über die Quelle selbst ist ein hohes, turmartiges Gebäude aufgeführt, und nicht weit davon steht ein Badehaus."


Wer heute die "Brunnenaue" vom Pfarrhaus am Kirchhof über den Rundweg, der zeitweise dem Bachlauf folgt, erwandert, kann dabei durchaus erahnen, wie hier kalte und warme Bäder angewandt wurden. Auch Wasserkuren - wie Spritz-, Tropf-, Knie- und Fußbäder - sind längst wieder vorstellbar. Erst recht, wenn man bedenkt, dass hier sogar der Mediziner Christoph W. Hufeland (1762-1836), der Chemiker Martin Heinrich Klaproth (1743-1817), der Gelehrte Wilhelm von Humboldt (1767-1835), der Dichter Heinrich von Kleist (1777-1811) und der Philosoph Friedrich D. Schleiermacher (1768-1834) bereits als Gäste der historischen Anlage mit ihrem alten Baumbestand weilten. Vielfach war von einer Verbindung der Quelle für Heilwasseranwendungen und einem Kreideheilbad die Rede, allerdings fehlt es dazu leider noch immer an Mut und Entschlossenheit in der heutigen Zeit.


Auch Sagard hat sich in den letzten Jahrzehnten maßgeblich verändert. Mit der Aufschüttung eines Dammes bei der "Meerenge" von Lietzow nahm auch der Verkehrsstrom auf Straße und Schiene zu. Weitere Entwicklungen wie der Ausbau der Umgehungsstraße folgten und lassen kaum noch die ursprüngliche Struktur dieses Ortes erkennen. Diese lässt sich nur noch feststellen, wenn man dem Wasser von der Quelle bis zur Mündung des Sargadschen Baches im Großen Jasmunder Bodden folgt. Vielleicht sind diese Zeilen dafür Anregung.


Nachtrag:
Wie tiefgreifend die Veränderungen in und um Sagard in den letzten Jahrzehnten gewesen sind, zeigt auch der Ausschnitt einer alten Wanderkarte, die schon lange nicht mehr den aktuellen Stand dokumentiert. Der Verkehr verlagerte sich südlich und westlich unter Umgehung des Ortes. Die Trassenführungen für die Bahnen vom Kreidetagebau nach Martinshafen sind längst verschwunden.


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