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Unser heutiger Streifzug hat Lancken zum Ziel. Es ist einer von drei Orten auf der Insel, die heute diesen Namen tragen - auf Wittow, an der Granitz und auf Jasmund. Einst gelegen in einer Niederung mit auslaufenden Wiesen - wie der "Langen Wiese" in Richtung Drosevitz oder der Wiese in Richtung Clementelvitz - im langgestreckten Tal des Tribber Baches ist dieser Flecken längst in der Stadt Sassnitz aufgegangen.

Und so gestaltet sich eine Spurensuche ebenso schwierig wie in Crampas. Allerdings verrät uns schon der Name, dass auch dieser Ort, der in frühester Zeit sowohl als "Lanke" (1318) als auch als "Lanka" (1321) bezeichnet wurde, in Verbindung mit der Familie von der Lancken steht. Dennoch bleibt auch hier vieles im Dunkel der Vergangenheit. Um doch noch etwas Licht in die Geschichte Lanckens zu bringen, und zu klären, was beispielsweise die Familie von Barnekow mit dem gleichnamigen Rittergut verband, kann uns nur noch eine Schulchronik aus dem letzten Jahrhundert helfen...


Vorab zur Familie von Barnekow, die über Jahrhunderte auf Lancken ansässig war: Heute wissen wir, dass zwischen der mecklenburgischen und der rügenschen Familie von Barnekow unterschieden wird. Ob diese hier gebürtig war oder zuwanderte, ist leider nicht mehr feststellbar. Belegt ist dagegen lt. der Schulchronik gewesen, dass bereits 1311 mit Nikolaus von Barnekow diese Familie auf der Insel eine erste Erwähnung findet. 1425 wird ein Dargeslaf Barnekow zu Feikvitz urkundlich benannt. Seine Söhne waren Hans sowie Claus von Barnekow. Und dieser Claus soll bereits 1459 im Besitz des Rittergutes Lancken gewesen sein. Gekauft hatte er es von seinem Schwiegervater Stoyslaf Zuhm. Neben 2 Höfen, 3 Katen und einer Mühle soll Claus von Barnekow auch "Syramisse", also das von uns bereits besuchte Serams, besessen haben.

Da dieser von Barnekow jedoch ohne männliche Erben starb, sollten dessen Güter an seine Neffen, die Söhne seines Bruders, übergehen. Ob Lancken nun allerdings zunächst an seine Witwe und dann an deren Bruder Steyslaw Zuhm ging, entzieht sich unserer Kenntnis. Allerdings ist davon auszugehen, da der pommersche Herzog Philipp I. 1535 gestattete, dass Erich Zuhm dem Marten von Barnekow auf Ralswiek seine Güter Gramnitz, Dargast, Lancken und Buddenhagen verkaufen möge.


Als dieser Marten von Barnekow jedoch fünf Jahre später starb, waren sie immer noch nicht in seinem Besitz. Stattdessen waren sie lediglich an Henning Norman und Marten Barnekow verpfändet worden. In der Folge erhielt Lutius von Lancken, einer von Martens Söhnen und der Begründer der Lanckener Linie, 1551 vom pommerschen Herzog Philipp I. sein Lehn. Als Lutius 1571 nun starb, erhielt sein Sohn Martin von Barnekow nach der Teilung des erblichen Besitzes das Gut Lancken. Ihm folgten in der Erbfolge seine Söhne Martin und Friedrich von Barnekow. 16 55 berichteten sie:

„Ihre sämtlichen Dokumente sein wie der Hof ihres Vaters verbrannt."

Die alten Barnekowschen Lehen Lancken, Gramnitz und Buddenhagen befänden sich zwar in ihrem Besitz, doch sei dieser überschuldet. Während Martin von Barnekow keinen männlichen Erben hinterließ, folgte Friedrich von Barnekow - er starb 1680 - sein Sohn Martin, der ebenfalls nur zehn Jahre später unbeerbt starb. Dies sollte später bei den noch verbliebenen Anverwandten noch einen Erbstreit und schließlich 1724 in Stralsund einen Prozess auslösen. Ob dieser den Gegenstand wert war, darf bezweifelt werden, da ein Teil des Gutes bereits versetzt und dessen Gebäude indessen völlig verfallen waren. Am Ende führte Rutger von Barnekow das Gut Lancken fort.

Zwischen 1726 und 1744 musste der Gutshof nun neu aufgerichtet werden. Zudem machte sich der Oberst und Ritter Rutger von Barnekow daran seinen Lanckener Besitz zu erweitern und führte sogar den gesamten Besitz der Familie von Barnekow wieder zusammen. Mit seinem Tod im Jahre 1772 führte sein einziger Sohn, der Rittmeister Christian Adolf von Barnekow, dessen Werk mit weit weniger glücklicher Hand fort. Die Familiengüter wurden erneut mit Schulden belastet. Sein Erbe wurde nach seinem Wunsch zwischen dem Hauptmann Rutger von Barnekow, der den Ralswieker Anteil übernahm, und dem Leutnant Christian Ludwig von Barnekow, der den Lanckener Anteil fortführte, aufgeteilt. Christian Ludwig erweiterte nun wiederum den Lanckener Besitz, indem er 1812 von dem Stralsunder Kloster St. Annen und Brigitten zwei Bauernhöfe in Lancken kaufte, die einst durch die Gebrüder Heinrich und Gützlaff Zuhm veräußert worden waren.


Als Christian Ludwig 1830 starb, ging sein Erbe an seinen Sohn Eduard von Barnekow. Es umfasste das Rittergut Lancken, das Gut Dargast, das Kossathenwesen Drosevitz, das Mühlengehöft Goldberg sowie einige Ackerstücke und Häuser von Sagard nebst fünf Vollbauern und zehn Kossathenstellen in Putgarten auf Wittow. Eduard kaufte dazu 1862 von dem Eigentümer Ewert das Bauernwesen "Lenz", welches sich am Rande der Stubnitz befand und in dem gleichen Zeitraum noch ein Kossathenwesen in Promoisel. Jedoch war auch er letztlich gezwungen Teile seiner Besitzungen und am Ende sogar das Stamm- und Hauptgut Lancken zu veräußern. 1872 verstarb Eduard von Barnekow in Lancken. Noch im gleichen Jahr wurde das Rittergut Lancken nach über 400 Jahren im Familienbesitz verkauft. Die Witwe Eduards zog nach der Veräußerung auf das pommersche Festland - nach Greifswald.


Aus alten Unterlagen wissen wir, dass der Besitz der Familie von Barnekow bei einer Zwangsversteigerung durch den Unternehmer und Bankier Adolf von Hansemann für 693.000 Mark erworben wurde. Zum Zeitpunkt des Kaufes umfasste das Gut lt. alter Unterlagen 16 Wohnhäuser, wo über 30 Familien und damit weit über 200 Menschen wohnten. Auch gibt es Angaben darüber, dass Hansemann den Kauf 1872 aus Gewinnen bestritt, die er durch die Übernahme eines rumänischen Eisenbahnunternehmens vom "Eisenbahnkönig" Bethel Henry Strousberg (eigentlich Baruch Hirsch Strausberg) gemacht haben soll. Im gleichen Jahr war Hansemann (wie übrigens der Bankier Gerson Bleichröder) geadelt worden. Die Ehrung stand in Verbindung mit dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) um dessen Finanzierung er sich verdient gemacht hatte. Der Mann, der sich - wie bei unserem letzten Streifzug beschrieben - in Dwasieden verliebt hatte, galt zu jener Zeit als zentrale Persönlichkeit des gerade gegründeten Kaiserreichs, die sowohl über Reichtum, als auch Macht und Einfluss verfügte. 


Die Aufwendungen des neuen Eigentümers vom Rittergut Lancken lassen sich heute jedoch nur noch erahnen. Nach seinem Kauf ließ Hansemann zunächst die alten Gebäude des Hauptgutes abtragen, um sie neu zu errichten. Als dies 1876 erreicht war, wurden auch die zu Lancken gehörenden Einliegerdörfer Eichholz, am Lanckenschen Torfmoor, und Schlon, am Schloner Bach, geschliffen. Ferner wurden auch sechs neue Arbeiterhäuser errichtet. So entstand innerhalb weniger Jahre der gesamte Gutshof neu - zentral mit dm hell verputzten Gutshaus, welches sich mit seinem Blendgiebel und den im Historismus wieder in Mode gekommenen Türmchen im "Tudor Style" präsentierte. Dazu wurden die Nebengebäuden und schließlich das Dorf mit Backsteinen im gleichen Stil errichtet. Die Entstehung der Häuser zeichnet sich bis heute durch ein äußerlich einheitliches Bild als Anlage ab. Selbst die Viehstelle wurden aufwendig und mit viel Detailliebe (s. Foto oben) ausgeführt. Die Wege auf dem Areal ließ Hansemann begradigen, pflastern und durch Bäume einfassen. Er selbst verbrachte die ersten Sommeraufenthalte auf der Insel direkt in Lancken bevor er ab 1877 das Schloß Dwasieden zu nutzen begann. 


Seinen Besitz erweiterte Hansemann noch während der Neuerrichtung des Gutes und des Dorfes Lancken sowie dem Bau des Schlosses Dwasieden durch den Erwerb des Gutes Clementelvitz (1874). Für das 576 Morgen große Gut soll er 127.500 Mark aufgewendet haben. Noch zur gleichen Zeit ließ er seine umliegenden Güter Lancken, Dargast und Lenz zu einem Schulbezirk zusammenfassen. Der Unterricht, der zunächst noch in einem Arbeiterhaus erfolgte, fand schon bald in einem eigens dafür errichteten Schulgebäude in Lancken statt. 


Auch in Crampas erwarb Hansemann Anwesen. Während die 160 Morgen dem Gut Lancken zu gelegt wurden, vermietete er die Wohnhäuser an Arbeiter. Schon bald sollte Hansemanns Besitz auf der Insel Rügen das zentrale Rittergut Lancken (510 ha) mit dem Schloß und Wald in Dwasieden, sowie die Güter Dargast (244 ha), Clementelvitz (144 ha), Lenz (27,5 ha) und die Kossathenwesen von Crampas (40 ha) nebst Promoisel (10,5 ha) umfassen. Letzteres wurde allerdings 1882 an Kähling für 16.000 Mark veräußert. 

Bereits im Jahre 1876 wurde in dem sogenannten Lenzberg bei Lenz der Kreidebruch angelegt. Wie bereits bei unserem letzten Streifzug nach Dwasieden erwähnt, befand sich auf dem zentralen Gut Lancken eine Dynomomaschine, die 500 Volt Strom erzeugte. Sie versorgte jedoch nicht nur das Schloß Dwasieden und das Rittergut Lancken mit seinen Scheunen, Molkerei, Pferde-, Kuh-, Schweine- und Schafställe, Werkstätten und Magazinen sondern auch die Kraftübertragungsanlage für den Betrieb einer Schrotmühle und eines Heckselschneiders sowie eine fahrbare Dreschmaschine für den Gutshof und die Vorwerke - und nicht zu vergessen: Die Drahtseilbahn zum Transport der Kreide zur Entladestation auf der Ostsee. Die Verschickung erfolgte in ungereinigtem Zustand, der Transport zur Ostsee dauerte lediglich etwa ¼ Stunde und damit konnten 15 bis 20 Arbeiter ganzjährig ihren Lebensunterhalt so bestreiten. Etwa 200 Dampfer und Segelschiffe brachten rund um das Jahr das "Gold der Insel" vor allem nach Stettin, aber auch ins Ausland - bis hin nach Russland. 


Nachdem 1879 der Pachtvertrag über das Gut Dargast abgelaufen war, wurde auch dieses Gut ein Teil der Lanckener Verwaltung. Ab 1884 wurden schließlich alle Güter Hansemanns von hier verwaltet. Da Hansemann selbst die längste Zeit des Jahres in Berlin verbrachte und nur für ein paar Wochen im Sommer hier weilte, übertrug er die Verwaltung an einen Oberinspektor, dem ein Wirtschafter und ein Rendant zur Seite standen. Ein letzter Blick auf die Häuser in der Buddenhagener Straße verrät uns auch, dass diese noch im Jahre 1897 errichtet wurden. Im gleichen Jahr wurde zudem eine Zentralstation durch die Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) ausgeführt, die nun neben den Anlagen des Rittergutes Lancken auch das Schloß Dwasieden versorgte. 


Zum Abschluss soll vielleicht noch eine Episode zu Lancken aus dem Leben des Konzertsängers Georg Henschel erzählt werden: Der Bariton hatte den Musiker und Komponisten Johannes Brahms im Jahre 1876 zu einer Reise nach Sassnitz überredet. Dass dabei an den Wissower Klinken eine schöne Symphonie hängen blieb, wie Brahms selbst an seinen Verleger Fritz Simrock schrieb, ist ja oft reflektiert worden. Doch aus dem Tagebuch Henschels erfahren wir auch, dass er beim Abschied vom gemeinsamen Aufenthalt auf Rügen, ein furchtbares Wetter erlebte. Kälte und ein Starkregen machten Henschel wohl seinen Abschied von der Insel etwas leichter. Als er sich nun gegen 5 Uhr auf den Weg mit seiner Kutsche machte, gab ihm Brahms damals persönlich das Geleit - bis eine 3/4 Stunde hinter Sassnitz. Bei Lancken verabschiedete er sich nun und entstieg der Kutsche. Welche Wirkung und Eindrücke Brahms bei seinem morgendlichen Fußweg durch diesen "Schietwetter"-Tag hatte? Wir wissen es nicht. Aber: Brahms blieb, wie wir heute wissen, am Ende länger als geplant.

Bedanken möchte ich bei allen, die diesen Beitrag inhaltlich ermöglichten, allen voran Frank Biederstaedt vom Sassnitzer Stadtarchiv. Wer hätte schon gedacht, dass es über Lancken so viel zu berichten gibt? 

(Folge Muttländer!)

(Die Fotos, die gestern entstanden, dokumentieren den gegenwärtigen Zustand der Gesamtanlage.) 



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