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Unser neuer Streifzug über die Insel führt uns in die unmittelbare Nähe zur Schoritzer Wiek - genauer: nach Zudar. Benannt nach der gleichnamigen Halbinsel, gibt es hier gleich zwei Ziele, die einen Besuch lohnend machen. Die Wallfahrtskirche St.-Laurentius und einer der eher unbekannten Wallanlagen, die sich dazu in direkter Nachbarschaft befindet.

Da der Zudarer Burgwall weit vor der Kirche entstand, soll ihm an dieser Stelle der Vorzug gegeben werden. Der Wall befindet sich auf einer nach Osten vorgelagerten Landzunge gegenüber der bereits erwähnten Kirche. Es ist anzunehmen, das die Form nicht ganz natürlich entstand und die einst strategische Bedeutung leitet sich durch die Beherrschung der Popelvitzer Wiek ab. 

Erreichbar über eine schmale Zuwegung zeichnet sich der Burgwall zunächst durch seinen starken Bewuchs von der Landschaft ab. Aufmerksamkeit erregt es allerdings heute nur noch bedingt. Vergessen sind die Umschreibungen des Heimatforschers Prof. Dr. A. Haas, der sich diesem kleineren Wall in "Rügens Burgwälle und die slavische Kultur der Insel" widmet. Seine Beschreibung lautete:

"...Der Wall bildet ungefähr ein Quadrat von 60-65 Meter Seitenläge; nach der Landseite hin ist er 2-3 Meter hoch, nach Osten steigt er bis gegen 10 Meter. Die Verteidigungsanlage ist glänzend: drei Seiten sind vom Wasser umgeben..."  

Das klingt etwas spektakulär, wenn man im Wissen um die Anlagen der Burgwälle von Arkona, Garz oder Bergen nach Zudar reist. Die Ernüchterung lässt nicht lange auf sich warten, denn der Zustand des Rundweges, der hier einmal angelegt wurde, bedürfte eines Rückschnittes. Von der Anlage selbst kündet zudem nur ein verstecktes kleines Pult, das auch über die Reste eines Wallstücks berichtet und in der Sache unklar bleibt.  

Haas ist da schon etwas konkreter, wenn er - gestützt auf Funde vor Ort - noch von einer Nutzung bis in das 13. Jahrhundert spricht. Zumal auch in Überlieferungen von einer Raubritterburg die Rede ist, Das es sich dabei um eine adlige Familie handelt, liegt für ihn auf der Hand. Und er benennt sie auch mit dem Geschlecht der Tessimeritz - den Nachkommen Tessemars. Aber lassen wir doch Haas zu Wort kommen:

"...Es waren zwei Brüder, Pribislav und Gustizlav; ihre Söhne Zlavic, Ponten und Nedamir besaßen Wiesen und Waldungen auf der Insel Koos bei Greifswald. Und nun verkauften sie 1241 die Wiesen auf Koos an das Kloster Eldena, allerdings unter der Bedingung, daß ihre Leute vom Zudar das Recht haben sollten, auf Koos Holz zu schlagen und die Eichelmast für ihre Schweine dort mitzubenutzen (P.U.B. I, S. 309)..."

Nachdem die Familie jedoch auf der Insel Koos 133 Schweine entführt hatte, kam es zum Streit zwischen dem Kloster und den Tessimeritz. Der Abt des Klosters belegte sie nun mit einem Bann. Gelöst wurde dieser erst auf Vermittlung des Fürsten Witzlaw I. Allerdings mussten sie zukünftig auf der Insel Koos Holzeinschlag und Schweinemast unterlassen.

Der Lehrer Krent von Zudar ergänzt die Ausführungen in dem Beilageblatt "Rügenschen Heimat" aus dem Jahre 1927 mit einer alten Überlieferung. Nach dieser ist der Wallberg in früher Zeit durch die Hände der Ranen aufgeschüttet worden. Hier erhob sich einst eine prächtigen Burg. Da jedoch deren Ritter ein gottloses Leben führten, seien sie von Feinden heimgesucht und die Burg zerstört worden. Auch wenn sich die meisten Bewohner der Burg retten konnten, wurden zwei der Ritter mit ihren Knechten gefangen genommen und am nächsten Tage auf dem Galgenberg erhängt. Seither erscheint am 24. Juni, dem Johannistag, nachts zwischen 12 und 1 Uhr die Burg in alter Pracht (die Fotos entstanden am Vortag). 

"... und alle Richter halten treue Wacht nach den Feinden, nachdem auch die Erhängten im gepanzerten Nachen vom Galgenberg aus den Wallberg erreicht haben. Sobald sich jemand der lichten Burg nähert. verschwindet sie und kommt erst am nächsten Johannistage wieder zum Vorschein..." 

Wann die nun in direkter Nachbarschaft zur Raubritterburg errichtete Kirche St. Laurentius entstanden ist, kann nur vermutet werden. Der Flecken wird 1166 erstmalig als "Ziudra" bzw. "Zyudra" bezeichnet, wobei dessen Bedeutung unklar bleibt. Heute nimmt man an das Mitte des 14. Jahrhunderts - also etwa 100 Jahre nach dem Verkauf der Insel Koos an das Kloster Eldena - die Kirche von Zudar erbaut wurde. Das Zudar zu dieser Zeit schon Wallfahrtsort war, weiß auch der bereits zitierte Lehrer Krent zu berichten. Er meint, dass der Zuspruch so groß war, weil sich mit der Wallfahrt zu jener Zeit ein großer Ablaß - der Nachlaß zeitlicher Strafe vor Gott für Sünden - verband. Die Fahrt nach Zudar glich einer halben Reise nach Rom. Bei einem zweifacher Besuch erreichte man also ebensolchen Ablass wie ein Romfahrer. Mit den Wallfahrten wird dabei ein Muttergottesbild in Verbindung gebracht, welches sich zu damaliger Zeit im Zudarschen Bethaus befunden haben soll. So brachte man wohl Anliegen der Heiligen Maria vor, um dann im Anschluss beglückt wieder heimzuwandern. Über das Ende der Wallfahrten nach Zudar wissen die Stralsunder Chroniken zu berichten:

"...Anno 1372 do wolden väle Fruwen up den Zudar fahren, und dar kam ein Wedder und grot Storm up, und dar vordrunken, alltomalen väl Personen, wol in die 90 Personen, jung und olt, Fruwen, Kinder, Ammen und Mägde, beide riek und arm. Darnach ward de Aflat wedder gelecht, denn dar geschah grot Schade..." 

Auch Fräulein von Kahlden berichtet in Bergen vom Ende des Wallfahrtsortes. Ein Auszug aus ihrem Gedicht, in dem es dazu heißt:

"Seit jener Zeit der Zauber schwand,
man hört nichts mehr im Inselland,
Daß heilig Wunder noch geschehen,
Das Bildnis ist nicht mehr zu sehen,
Denn Luthers Lehr und mächtig Wort,
Fand eine Stätte hier am Ort,
Doch horch die Glocke hell erklingt
Und feierlich zum Himmel dringt,
Sie läutet Abendfrieden ein,
Denn morgen wird es Sonntag sein."

Wie viele andere Kirchen der Insel ist die von Zudar vor der Reformation errichtet worden: Das zunächst mit Backsteinen auf einem Findlings- bzw. Feldsteinsockel errichtete Kirchenschiff wurde bald darauf durch Chor und Sakristei ergänzt. Der rechteckige Turm, der erst nach der Reformation an den Bau angefügt wurde, hebt sich durch seine Holzverschalung auch äußerlich ab. 1724 erhielt er seine  geschwungene (Welsche) Haube, die 1806 erneuert worden sein soll. 

Bei der Ausstattung der Kirche fällt im schlicht gehaltenen Innenraum vor allem der Altar in den Blick. Ein rückseitige Inschrift weist dessen Errichtung durch den Stralsunder Bürger, Bildhauer und Tischler Hans Broder im Jahre 1707 aus. 

Nur ein Jahr später starb im Alter von 38 Jahren Ernst Ludwig von Normann, dessen Familie seit dem 16. Jahrhundert auf Poppelvitz ansässig war. Für ihn wurde eine Wappengedenktafel gefertigt und später an der Nordwand befestigt. Sie zeigt eine weitere Verbindung zur Familie von Kahlden auf: Der kinderlose preußische Generalmajor Georg Balthasar von Normann, Erbherr von Poppelvitz, adoptierte seinen Neffen Balthasar Ernst Alexander von Kahlden, welcher die Familie Kahlden von Norman begründete.

1765 soll die Kanzel gestiftet worden sein. Vor dem Sockelprofil des runden Korbes, der mit drei Reliefs (Haß und Liebe, Wahrheit, Seligkeit) verziert ist, findet sich das Allianzwappen Kahlden, von der Osten. Zudem gehört zur Ausstattung auch eine Orgel (1884), Gestühl und Westempore (1906). Ein Zeugnis zur Geschichte der Kirche legt vor Ort auch eine Chronik ab.

Zur Familie Normann (s. Wappen), die eng mit Zudar verbunden ist, wäre noch einiges nachzutragen. Dies soll aber auf einem späteren Streifzug erfolgen, der uns nach Jarnitz (bei Ralswiek) führen wird...

(Folge Muttländer!)


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