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Es gab Zeiten, da wurden auf dem pommerschen Festland, an einer der Wirkungsstätten von Ernst Moritz Arndt (1769-1860) - der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald - Kulturkämpfe ausgefochten. Worum es dabei ging? Legt die Universität den Namen des Rüganers ab oder nicht. Gestritten wurde sich darüber, was er zu Papier brachte. Und in der Tat, an Reibeflächen mangelt es bis heute bei dem von ihm hinterlassenen Werk nicht - schließlich polarisierte er schon zu Lebzeiten. 

Das ein Blick in seine Schriften auch noch in der Gegenwart lohnt, soll aber auch nicht verschwiegen werden. Angeregt durch einen Vortrag von Prof. Dr. Hans-Dieter Knapp in Arndts Geburtshaus Groß Schoritz, soll an dieser Stelle auf eine seiner heute eher unbekannten aber lesenswerten Texte eingegangen werden, um auch diese - der Vollständigkeit halber - anzuführen. Darum:

"Ein Wort über die Pflegung und Erhaltung der Forsten und der Bauern im Sinne einer höheren d. h. menschlichen Gesetzgebung."

Vor über 200 Jahren kommt Arndt dabei bereits zu Sätzen, wie: „Wo der Mensch schlecht und erbärmlich wird, da wird auch die Natur schlecht und erbärmlich.“ Interessant ist, dass er schon zu seiner Zeit auf die Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur hinweist: „Der Mensch und die Natur machen sich gegenseitig… Aber auch das ist unleugbar, dass die Natur mehr den Menschen macht, als der Mensch die Natur.“ Und er konkretisiert seine Gedanken im Anschluss: „In einem unfruchtbaren, häßlichen, traurigen und reizlosen Lande, dass entweder immer so war oder von Menschen so gemacht wurde, wird auch ein schönes edles und geistiges Menschengeschlecht nach und nach von seinen Vorzügen verlieren, weil jeder äußere Mangel seine Schatten auf das Innere werden muss.“ 


Angesichts der aktuellen Zerstörung der Natur und Umwelt Rügens sowie des Landschaftsbildes der Insel, sei es durch LNG-Terminal, dass die Wunden von Mukran - Hitlers KdF-Seebad Mukran (1936), Honeckers Fährhafen Mukran (1986) - nur noch tiefer reißt oder die 34 Windenergiegebiete, die nach 10 Offshore-Windparks vor der Küste Rügens nun über den Westen der Insel Rügen geplant werden sollen, sind es geradezu mahnende Worte, die schon bald ihre Erfüllung und Wirkung auch auf die Lebensqualität, den naturnahen Tourismus, Landschaftsbild, Tier- und Pflanzenwelt entfalten könnten, wenn diese planwirtschaftliche Übergriffigkeit des Staates gegen Mensch und Natur nicht gestoppt werden: 

„Sie (Mensch und Natur) sind miteinander schlechter geworden, weil der Mensch mit seiner Natur übel haushielt und sein Land nicht so verwaltete, dass es schön und fruchtbar bleiben konnte. So geschah es ihm, dass er von Jahrhundert zu Jahrhundert schwächlicher, geistloser und elendiger ward und endlich aus allem höheren Zusammenhange und Gegenreize mit seiner Natur kam, die ihn zuletzt ganz verließ, da er sie mehr und mehr schändete und verwüstete…“

Wir kennen, wie Arndt die Verursacher, denn „…gewöhnlich ist der Mensch der Zerstörer oder der Versäumer, schuld, wenn ein früher durch seine Fruchtbarkeit gepriesenes Land später als ein unfruchtbares und schlechtes Land gescholten wird.“

Auch den Zusammenhang zwischen den Dingen spart Arndt nicht aus! „Jedes Thier und jede Pflanze hat seine Nahrung und seine Luft, sein Licht und seine Wärme, worin es am meisten gedeiht. Wir können von vorn herein schließen, daß dies auch mit dem Menschen so seyn müsse…“

...und er warnt: „Wann aber die bürgerliche Gesellschaft entwickelter und verwickelter, wann der Reiz leerer Vergnügungen und unersättlicher Habsucht und die Jagd auf falsche und erkünstelte Bedürfnisse drängender und brennender werden, dann verliert der Mensch die Ruhe und Besonnenheit, wodurch er das Größte und Tiefste erkennen kann, das zarte Fühlen und Verstehen der Natur und ihrer geheimen Kräfte und dann beginnt die unverständige Willkühr zu verderben, was die bewusste Einfalt einst so schön gemacht und eingerichtet hat…“ 

Arndts Beschreibungen, die sich auch mit dem Wald selbst direkt auseinander setzen, ließen sich heute problemlos auf die letzten Jahrzehnte und die uns bekannten Wälder der Insel anwenden. Erinnert sei dabei gedanklich an die Bilder niedergestreckter Bäume (beispielsweise in der Stubnitz) des Naturfotografen Klaus Ender, die noch vielen Rüganern im Gedächtnis sind - bei Arndt lesen wir:

„Denn jetzt wird in vielen Ländern Europa‘s die Axt, die an den Baum gelegt wird, häufig zu einer Axt, die an das Volk gelegt wird…“ Und - nach einer eingängigen Beschreibung der Wirkung von Bäumen und Wäldern in Bezug auf Boden und Luft - warnt er auch hier: „Manche Länder scheinen für immer unbrauchbar geworden zu seyn für jeden Anbau, seitdem man sie ganz von Wäldern entblößt hat….“ Die Folge? „Die Regen des Himmels kommen seltener, weil ihre Anzieher, die Bäume fehlen; viele Bäche und Quellen sind versiegt, die sonst mit segnender Fruchtbarkeit in die Ebenen herabrieselten…“ - Auch hier würde man problemlos Parallelen in der Stubnitz finden, wo man sich mit „großen Zielen“ von Menschenhand daran machte, Wasserläufe zu unterbinden, Wasser in Wiesen aufstaute, um Moore zu erzeugen, wo niemals Moore waren - Und Arndt? Er schreibt:

„Sind die Berghöhen einmal kahl und von Bäumen entblößt, ja sind die Ebenen einmal trocken und ohne Quellen und Bäche, so ist die Hoffnung vergeblich, sie wieder zu bewalden, denn auch der Regen und die nährenden Wolken mit ihrem fruchtbaren Dunste haben sich meistens weggezogen, und alle Versuche, Bäume anzupflanzen und fortzubringen, sind in der Regel umsonst…“

Vielleicht sollte man sich doch weitaus öfter mit Arndt seinen Schriften (nicht nur mit seinen Märchen!) auseinander setzen - auch, um über ihn und sein Werk zu streiten, mit Rede und Gegenrede sowie klaren Worten, nicht nur um des Meinungsstreites wegen, sondern vor allem um der Sache willen, damit sie besser und nicht schlechter an die nächsten Generationen übergeben wird. 

Das Buch, das vielleicht eines der ersten seiner Art zum Naturschutz ist, gibt es im Antiquariat oder neu aufgelegt im Buchhandel.

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