Bernstein. Beliebtes Fundstück, Souvenir und Schmuck waren die versteinerten Harze auch als pommerscher Bodenschatz von Bedeutung. Bekannt durch seine Lagerstätten in der sogenannten „blauen Erde“ Samlands, die eigentlich ein grünliche Erdschicht aus der älteren Tertiärzeit ist, steht er heute noch in Ostpommern und unter der westlichen Ostsee an.
Entstanden, als das Klima noch wärmer war, floss beispielsweise aus den Stämmen der sogenannten „Bernsteinfichte“ das brennbare Harz und schloss so auch manch pflanzliche oder tierische Schöpfung ein, die hier in einem durchsichtigen Sarkophag für die Ewigkeit als Inklusen einer Zeitkapsel konserviert wurden, bis schließlich durch die Absenkung des Bodens das Meer den nordischen Bernsteinwald mit seinen Sanden – die auch als „Bernsteinsande“ bezeichnet werden - unter sich begrub.
Diese Bernsteinsande ruhen meist auf Kreide, über denen sich im mittleren Pommern Tone und Stettiner Sande ausbreiten, die im Oligozän – also vor über 23 Mio. Jahren entstanden. Weitaus später, nach der Pliozänzeit, kam das nordische Eis mit seinem Panzer und bearbeitete die Bernsteinsande. Zermahlen gerieten die verschleppten Stücke so in ihre heute bekannten Lagerstätten.
Viel Harz hat sich so beispielsweise, wie alte Quellen zu berichten wissen, in der Camminer Gegend befunden, so in Revenow, Rarwin und Görcke. Eines der zweifellos bedeutendsten Funde aus dieser Gegend ist übrigens der Fund eines Bernsteins von mehr als 18 Pfund – genauer 9,75 kg. Er wurde für 6.000 Mark (2.000 Thaler) vom Berliner Mineralienkabinett angekauft und wurde im Berliner Naturkundemuseum wieder entdeckt. Dort kann er besichtigt werden (s. Foto - oben). Widersprüchliche Aussagen gibt es allerdings zum Fundort: Heute wird Görcke statt Rarwin ausgewiesen.
1913 kam es im Stolper Kreis zu einem weiteren bedeutenden Fund von 3 kg. Bei Mützenow, gelegen zwischen Schlawe und Stolpmünde, wurde sogar ein 6,75 kg schwerer Bernstein aus einer vom Rügenwalder Amt gepachteten Lagerstätte ausgegraben. Auch in Vorpommern wurden Grabungen, u. a. Schürfungen auf der Karlshagener Kaase-Wiese, durchgeführt.
Daneben schwemmte in der Vergangenheit der Bernstein aber auch als Strandgut an. Ein Grund, weshalb "Bernsteinfischer" (wie auf dem Foto um 1900 an der Samlandküste mit ihren Keschern) auf Jagd nach dem "Gold der Ostsee" gingen. Bernstein-Funde gab es oft, vor allem nach Nordost-Winden - einige Stücke waren faustgroß. Die unterschiedlichen Arten lassen sich mittels einer "Bernstein-Lithothek" (wie sie u. a. die Firma Stantien & Becker noch existiert - s. oben) durch ihre unterschiedliche Färbung zuordnen.
Wallnussgroße Bernsteine waren auch in Misdroy nicht ungewöhnlich. Während für „Knollen“, 15 Mark gezahlt wurden, ist für einen Fund von Karlshagener Fischern 1898 von 1 ½ Pfund der Verkaufserlös von 168 Mark dokumentiert. Auch für den Darss und die Insel Hiddensee sind stattliche Funde belegt. So soll auch ein Hiddenseer Bernstein-Fund von 1,25 kg in den Besitz des Greifswalder Mineralogischen Instituts gelangt sein.
Ausbeuten gibt es aber auch an Rügens östlicher Außenküste - vom Ostseebad Binz bis nach Thiessow im Süden Mönchguts: Nach Nordostwinden im Frühjahr, Herbst sowie zum Jahreswechsel waren Knollen von etwa 180 g durchaus zu finden. Geschliffene und geschnitzte Bernsteinsachen von besagtem Küstenabschnitt fanden sich u. a. im Stralsunder Museum.
Das lässt den Wert des Bernsteins und dessen Verarbeitung in den Mittelpunkt rücken. Als Handelsware war er bereits in vorgeschichtlicher Zeit von Wert, was die frühzeitige Verarbeitung erklärt. Zu diesen pommerschen Zeugnissen der Bearbeitung zählt u. a. ein Amulett in der Form eines Bären aus Stolp (s. Abbildung oben - Nachbildung der Bernsteinfigur aus dem Deutschen Bernsteinmuseum, das Original ist in Stettin).
Die ersten Paternosterdreher – denn aus Bernstein wurden gerne die Kugeln für den Rosenkranz gedreht – kamen übrigens aus Königsberg (s. unten: Beispiel einer facettierten Bernsteinkette, hier aus der späteren Staatlichen Bernsteinmanufaktur) nach Stolp. Die sogenannte Bernsteindreherzunft datiert bereits auf das Jahr 1534. Und 1687 wurde den Bernsteindrehern von Stolp und Kolberg vom Kurfürst Friedrich III. ein Statut mit dem Range der 1. Zunft – also auf Augenhöhe mit den Kaufleuten und Gewandschneidern – gegeben.
Überhaupt Stolp: Hier gab es 1798 in der Zunft insgesamt 95 Meister, 10 Gesellen und 9 Bernsteinhändler. Die Hälfte aller an und in der See gefundenen Bernsteine musste damals der Stolper Zunft zur Bearbeitung überlassen werden. Aus diesem Bernstein-Monopol resultierte immerhin ein Ertrag von 50.000 – 60.000 Thalern. Hergestellt wurden aus dem Schmuckstein Knöpfe, Perlen, Dosen, Schach- und Damespiele...
Auch in der heutigen Zeit hat der Bernstein nichts von seinem Reiz als Schmuckstein eingebüßt, obgleich auch er dem auf und ab des Zeitgeschmacks sowie angebot und Nachfrage unterliegt. Und: Der Bernstein wird auch heute noch an der pommerschen Küste verarbeitet. Bernsteinschleifer bieten gegenwärtig sogar Kurse an, bei denen man die Faszination der Verarbeitung selbst im Urlaub erleben kann.
In der westlichen Grenzregion hat sich zudem die aus dem mecklenburgischen Ribnitz und dem pommerschen Damgarten gebildete Doppelstadt zur "Bernsteinstadt" entwickelt und gilt heute als das Zentrum des Bernsteins: Neben der Ostseeschmuck GmbH, einem der vielleicht bekanntesten Verarbeitungsbetriebe für Bernstein, gibt es auch das Deutsche Bernsteinmuseum. Dies ist allerdings eine andere Geschichte, die auch etwas mit Ostpreußen zu tun hat und in Kürze an dieser Stelle erzählt wird…
(Nachtrag: Ein Teil der Aufnahmen von Bernsteinen und Bernsteinerzeugnissen stammt aus dem Berliner Naturkundemuseum sowie aus dem Deutschen Bernsteinmuseum)
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