Heute sind wir nach Kenz unterwegs. Angetrieben dazu hat uns die Geschichte von einem pommerschen Herzog, einem Wallfahrtsort und einer Wunderquelle...
Barnim VI. ist heute wohl den wenigsten als pommerscher Herzog noch ein Begriff und das, obgleich er ein Zeitgenosse Störtebekers gewesen ist und seine Likedeeler im Karperkrieg gegen die Hanse unterstützte. 1405 raffte auch ihn die Pest dahin - ihn, der sich bereits auf dem Weg nach Kenz bei Barth begeben haben soll.
Wenn man einigen der Quellen glauben schenken mag, hatte der pommersche Herzog sein Ziel, wie viele andere Erkrankte, mit Bedacht gewählt. Eine "Wunderquelle" versprach damals die letzte Hoffnung auf Heilung. Heute ruhen seine sterblichen Überreste (auf seinen persönlichen Wunsch, s. Bild oben) in dem 1398 als Wallfahrtskirche St. Marien errichteten Backsteinbau dessen Mauern auf einem Feldsteinsockel errichtet wurden.
Sein hölzernes Grabmal (eine historische Darstellung, s. oben) stand einst mittig über dem fürstlichen Gewölbe, welches seine menschlichen Überreste aufgenommen hatte. Die Stelle selbst wird heute durch eine Platte im Fußboden gekennzeichnet, auf der auch sein Name und das Wappen der pommerschen Greifen zu sehen ist. Das Grabmal aber, dass an einen hölzernen Sarkophag erinnert (s. Bild unten), ist mit seltenen gotischen Holzschnitzereien reich verziert worden und steht heute (unmerklich) rechter Hand vom Eingang in der Kirche.
Wer den Deckel einer der beiden Seiten, die gleich einem Satteldach alles verbergen, abklappt, entdeckt schon bald eine jugendliche Gestalt Barnims VI. aus Holz, welche den 1,96 Meter langen Körper in ein hermelinbesetztes Scharlachgewand hüllt. Auf dem Kopf trägt das plastische Abbild des pommerschen Herzogs ein Barret. Sein Haupt selber ist auf einem Kissen gebettet. Doch halten seine eisenbekleideten Hände noch das Schwert, wie es ein Wächter trägt. Zu seinen Füßen entdeckt man schon bald einen Hund, als treuen Wegbegleiter. Hier, wie über seinem Haupt finden sich Schilde mit dem pommerschen Greifenwappen. gefertigt wurde das Grabmal unmittelbar nach dem Tod des pommerschen Herzogs - zum Anfang des 15. Jahrhunderts. Es gleicht zweifellos den historischen Abbildern, die davon gefertigt wurden.
Kenz selbst, dessen bereits erwähnte Quelle und das hölzerne Abbild von Maria Pomerana Miraculosa einst berühmt machten, wurde auch nach dem Einzug des Protestantismus in den Kirchen und dem damit verbundenen Ende der Pilgerbewegungen nicht vergessen. Zu verdanken soll dies dem Stralsunder Pastor Mathias Kienast gewesen sein, der 1690 das Brunnenwasser von Kenz untersuchen ließ. Die Ergebnisse der Proben versprachen Heilung bei Gliederschmerzen, Augen-, Bein- oder Nierenleiden. So kam es schließlich auch zum Bau eines Brunnenhauses (Das Modell der Ortsanlage zeigt die Nähe des Brunnenhauses zur Kirche, s. Bild oben). Man stellte sich zudem auf interessierte Gäste ein, die erneut die Linderung ihrer Leiden suchten und so Kenz zu einem Kurort werden ließen. Nur wer bei Beinleiden eine sichtbare Besserung verspürte und das Tanzbein schwingen wollte, wurde ausgebremst, denn diesem Ansinnen widersprach die Badeordnung. Empfohlen wurden stattdessen Betstunden in der benachbarten Kirche St. Marien.
Mit dem beginnenden 19. Jahrhundert versiegte auch die Nachfrage von Trink- und Wasserkuren. Dass man sich auch nach dem Sieg über Napoleon, der Europa kräftig durchgeschüttelt hatte, nicht wieder auf Kenz besann, kann auch der Entwicklung der Seebäder zugerechnet werden, die sich zu gleicher Zeit zunehmender Beliebtheit erfreuten. So riss man schließlich auch das Brunnenhaus von Kenz ab. Nur eine Pumpe ließ noch die Entnahme aus der alten Quelle zu.
Erst 2003 wurde wieder ein Brunnenhaus (s. Bild oben) in Kenz errichtet. Der Bau, der sich nur wenige Schritte von der Kirche St. Marien befindet, wurde nach den Aussagen der Anwohner nach historischem Vorbild wiedererrichtet. Und so bewahrt man auch heute das Andenken an dieses wohl erste Kurbad auf dem pommerschen Festland diesseits der Oder.
Wer heute den Schwengel der Pumpe (s. Bild oben) zunächst einige Male (bis zu 15 Bewegungen) auf und nieder gehen lässt, wird vor allem an diesen heißen Tagen durch ein kühles Quellwasser aus einer Quelle mit über 800 jähriger Geschichte belohnt. Die Nutzung ist in den frostfreien Monaten für jedermann zugänglich. Außerdem wird das Quellwasser amtlich geprüft und die Werte der Probe sind in einem Schaukasten ausgehängt. Wer auch zukünftigen Besuchern eine Quellwasser-Entnahme ermöglichen will, kann eine Spende hinterlassen. Übrigens wird hier alle zwei Jahre einen Brunnenfest gefeiert - das nächste Fest im Sommer 2019.
Zweifellos ist Kenz wieder einen Besuch wert, wenn man sich auf dem Weg nach Barth befindet. Hier - und das sei nur eine kleine Ergänzung - wurden übrigens auch Dreharbeiten für den Film "Die Reise nach Sundevit" (1966) mit Tim Tammer, der von dem Stralsunder Ralf Strohbach gespielt wurde, gedreht.
(Weitere Informationen zu Kenz)
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