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Eine Streifzug über die Halbinsel Jasmund führt uns dieses Mal über Promoisel mit seinem Tagebau

Vielen gilt die Halbinsel Jasmund als schönster Teil der Insel Rügen. Eingefasst von zwei langgestreckten Landengen - der "Schmalen Heide" und der "Schaabe" - ist Jasmund mit seinen Erhebungen, die von Tälern durchschnitten werden, und seiner Vegetation zweifellos von besonderem Reiz. Hier befindet sich nicht nur der Königstuhl, jenes Naturdenkmal welches wie kein zweites für die Insel Rügen steht, sondern auch der mit 161 Metern höchste Berg der Insel, der Piekberg.
Am Wegesrand, hinter dem Klimawald: Das Forsthaus am Rande der Stubnitz

Wir haben uns an einem Donnerstag als Ausgangspunkt dieses Streifzuges über die Insel Hagen auserwählt. An den Ort schließt sich unmittelbar die Stubnitz an, die wir - vorbei an einem alten Forsthaus und einem von Weiden eingehegten Teich - erreichen. Konnte man vor weit über einhundert Jahren noch von Pastor Steurich lesen, dass "muntere Bäche dem Meere zueilen", so werden die jahrhundertealten Gräben, die die Stubnitz durchziehen, heute in ihrem Lauf gestört. Ziel ist es dabei, die Wiesen künstlich durch Menschenhand zu vernässen. 


Das Wasser staut sich auf - die Höhenstände werden offensichtlich protokolliert - und auch die sauren Wiesen lassen nicht lange auf sich warten. Das Wild, dass hier lange Zeit seine Nahrung fand, sucht sich diese nun in Richtung Glowe. Und der Boden der Stubnitz gleicht wohl immer mehr einem Schwamm. Vorbei ebenso die Zeiten als man die Wiesen pachten konnte, um sein Heu von hier über die Rundwege, die die Wiesen bis heute umschließen, einzufahren. Stattdessen kauft man sich das Heu teuer an. So geht Nachhaltigkeit.

Gräben, die einst Wasser führten, wurden in ihrem Lauf gestört, um die Wiesen künstlich zu vernässen

Doch nicht nur das Wasser, auch der Mensch soll seinen Weg nicht mehr so einfach nehmen können. Einen alten Weg, den wir nach Promoisel gewählt haben, hat man gleich mit mehreren gefällten Bäumen versperrt. Alle waren kerngesund, wie sich am Stamm unschwer erkennen lässt. Ihre Zeit? Vorüber. Wer hier sein Unwesen trieb, lässt sich nur erahnen. Das dies nicht immer so war auch. Gleich rechter Hand sind noch die kläglichen Überreste einer Bank zu sehen. Der letzte Wanderer? Er dürfte schon längst das Weite gesucht haben. Dennoch lässt sich die Wegeführung noch auf Karten der Insel finden. Doch was heißt das schon? Aktuelle Rad- und Wanderkarten lassen auch in diesem Jahr wieder Einheimische und ihre Gäste in das "Abenteuer Rügen" eintauchen. Denn einige der vermeintlichen Radwege enden im Nichts oder auf einer stark befahrenen Asphaltpiste. Aber das wäre eine andere Geschichte...
Wandern mit Hindernissen: Bäume wurden gefällt, um Wege zu blockieren

Wir, die wir vom Wald ins Freie getreten sind, lassen unseren Blick über eine Senke streifen. Hier lässt sich noch der Hof Beustrin ausmachen oder besser das, was davon blieb. Der Ort ist zu einer Wüstung geworden. Was würde der alte Eigentümer, der auch das Grabensystem in der Stubnitz erdacht hatte, wohl zu diesem Fortgang sagen? Auch in Sichtweite: Borin. Ein weiterer Blick fällt heute auf eine riesengroße Wasserfläche. Die Oberfläche des vermeintlichen Sees glitzert in der aufgezogenen Sonne. Der alte Bewuchs, der sich nun in einer Nässung findet verrät, dass dies nicht immer so gewesen sein muss. Einst war der Weg des Wassers vielleicht nach Klementelvitz gegangen, wo man es zum Auswaschen der Kreide nutzte, bevor es dann in den Großen Jasmunder Bodden mündete. Heute wäre dies gar nicht mehr möglich und es ist auch einer der Gründe, weshalb die teuer ausgeschilderten Themenwanderwege, die Gästen der Insel unsere Heimat nahebringen sollen, im Morast enden. Vor einem blinden Vertrauen auf Wegweiser muss also gewarnt werden.

Der Wegweiser nach Hagen und Stubbenkammer endet zwangsläufig mit im Feuchtgebiet

Vorbei an der erwähnten Wasserfläche erreichen wir Promoisel. Linker Hand hat sich ein Haumeister einst sein Heim errichtet. Und während es die neue Zeit erreicht hat, ist die dahinter befindliche zweistöckige Schule verschwunden gegangen. Der Bau, den einst Adolph von Hansemann errichten ließ, lässt sich derzeit nur noch erahnen. Die Grundfläche selbst wird von einer Bushaltestelle verdeckt. Sie leitet den Blick zu einem weiteren Haus, der die Reihe der Bauten ergänzt. Auch dieses hat eine Geschichte, denn hier wohnte einmal die aus Kino und Fernsehen bekannte Schauspielerin Lissy Tempelhof.

Vorbei führt der Weg an dem Haus, wo die Schauspielerin Lissy Tempelhof wohnte

Nun tragen uns die Füße weiter und am Windberg vorbei, der sich rechter Hand des Weges befindet. Der Name verbindet sich mit der Erinnerung an eine Windmühle. Als ihre Zeit vorüber war, wurde das Korn noch mit einer Motormühle gemahlen. Doch Promoisel, das war ursprünglich nicht das, was man heute davon noch sehen kann. Dieser Ort bestand aus einem Ober- und Unterdorf. Letzteres ist allerdings Stück für Stück aus der Landschaft verschwunden. Stattdessen ist nun nicht der Mensch sondern die Natur wieder auf dem Vormarsch. Sie setzt den alten Steinen und Fundamenten der abgetragenen Häuser tüchtig zu. Und so geht es auch dem ehemaligen Ausflugslokal "Brinckmannshöh", dessen letzter Bewohner der Künstler Kolbow gewesen sein soll. Die Freitreppe, die sich gerade noch ausmachen lässt, könnte im kommenden Jahr bereits verschwunden sein, aber: Es bleibt die Erinnerung an bessere Zeiten.

Das blieb vom Ausflugslokal "Brinkmannshöh", der Blick von der Anhöhe ist aber immer noch fantastisch!

Es ist eine ideale Anhöhe (wo einst ein Biergarten die Sommerfrischler Rast machten) um einen fantastischen Blick über die Insel zu bieten. Bei gutem Wetter soll man bis Usedom auf der einen Seite und Møn auf der anderen Seite schauen können. Wir sind beeindruckt. Ein Stückchen weiter, ist der Mensch wieder am Werk: In unmittelbarer Nähe klafft ein gigantisches Loch in der Landschaft, wo man sich durch die Kreide, das "weiße Gold der Insel", gräbt.

Blick auf den Kreidetagebau bei Promoisel

Vorbei an Hügelgräbern, die noch ein Stückchen der Inselgeschichte verbergen, erreichen wir nun das Haus "Hertha", wo einst ein Quistorp seine Zeit verbrachte. Die Familie, die zahlreiche Theologen, Kaufleute und Politiker hervorbrachte, hat auch die Geschicke der Insel nachhaltig geprägt, mehr noch: Sie ist mit ihr aufs Engste verbunden. Nicht nur, dass der Rüganer Ernst Moritz Arndt Charlotte Quistorp ehelichte, auch der Unternehmer Martin Quistorp hat durch den Kreideabbau auf Jasmund seine Spuren hinterlassen. 1896 erwarb er die Quotlitzer Kreidebrüche und gab dem Hafen, über den die Rügen-Kreide die Insel in Richtung Stettin verließ, seinen Namen: Martinshafen.

Haus "Hertha", wo einst ein Quistorp seine Zeit verbrachte

Hinter dem Haus "Hertha" befindet sich noch die alte Schmiede. Und gegenüber gab es einst sogar eine Böttcherei. Diese steht jedoch schon lange nicht mehr. Nur die Reste eines Wohnhauses zieren noch die urwüchsige Landschaft. Einen Steinwurf weiter, klafft ein weiterer Kreidebruch. Dieser ist bereits voll Wasser gelaufen. Rührwerk und Technik hat er einfach nicht mehr frei gegeben. Auf dem Wasser: Idylle pur"! Denn weit 10 Meter über dem tiefen Grund bauen sich nun Schwäne ihr Nest.

Wo früher ein Kreidetagebau war, befindet sich heute ein See auf dem nun Schwäne ihr Nest bauen

Unser Rückweg führt uns zum Hof Pluckow, der auch Martin Quistorp gehört haben soll. Vorbei an Hoch Seelow halten wir uns an den alten Kirchsteig, der einst Hagen mit Sagard verband. Die eigentliche Wegführung ist jedoch auch nur noch an der Vergetation abzulesen. Zu lange hat man die alten Wege nicht mehr ausgetreten. Der Kirchgang gehört schon lange der Vergangenheit an. Nun: Eine letzte Steigung. Sie führt uns auf den Schornsteinfegerberg. Tief in seinem Innern birgt er einen metertiefen Schacht, der eine hohe Wassersäule führt. Wenden wir uns also Hagen zu! Durch den Wald, der noch vom Ritterkranz begrenzt wird, erreichen wir wieder die Stubnitz. Ab und zu begegenen uns auch hier noch ein paar alte Zeitzeugen, wie die Grenzsteine, die den Staatlichen Besitz vom Besitz der Familie zu Putbus trennten. Sie sind - wie die Jagensteine, die die Jagdreviere markierten - einen schönes Beispiel dafür, dass eben nichts bleibt, wie es ist.


Grenzstein mit der Markierung "W" für den Staatsforst und "P" (hier zu sehen) für die Familie zu Putbus

Mein Dank geht an Burkhard Perleberg und Konrad Bonekamp, die mich auf diesem Streifzug begleiteten und mein Interesse für die Stubnitz weckten.

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