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Unser heutiger kleiner und nachgereichter Streifzug führt auf die Halbinsel Jasmund. Das Ziel: Mukran. Es ist ein Ort, dessen Bezeichnung seit Monaten fälschlicherweise für Schlagzeilen und auch einige Irritationen sorgt. Diese beginnen schon beim Namen: Denn eigentlich war seine Schreibweise die längste Zeit "Mucran"... 

Irgendwann setzte sich aber auch auf der Insel Rügen der Trend durch, das historische "c", welches früher wie ein "k" gesprochen wurde, auch durch ein "k" zu ersetzen. So veränderten sich in den letzten einhundert Jahren beispielsweise auch die Ortsbezeichnung von "Casnevitz" oder "Crimvitz". Die Irritationen um den Namen gingen bei Mukran aber noch weiter. In Abgrenzung zu weiterer Ortsbezeichnungen, die Mukran im Namen führten, wird der Ort heute auch mitunter als "Alt Mukran" benannt. Er liegt unterhalb des "Südlichen Flügelhorstes" - eine Bezeichnung, die ebenfalls längst aus dem Wissen um die Insel gefallen ist... 


Und: Auch wenn es in den letzten einhundert Jahren immer wieder Irritationen und Schlagzeilen um Mukran gab - mit dem Ort selbst hatten sie oft nichts zu tun: Weder mit dem geplanten LNG-Terminal (Anm.: eine staatliche Umweltsünde unserer Tage, die die derzeitige Regierung plant), noch mit dem einstigen "Fährhafen Mukran" (Anm.: eine staatliche Umwelt-Erbsünde von 1986) oder dem "KdF-Seebad Mucran" und seiner damaligen "Baudirektion Mukran" (Anm.: eine weitere staatliche Umwelt-Erbsünde von 1936). Vorsicht ist auch mit Verwechselungen in Bezug auf den Sassnitzer Ortsteil "Neu Mukran" geboten. In alten Erwähnungen stehen diese oft im Zusammenhang mit dem "Hülsenkrug" (angelehnt an die sogenannten "Hülsenbüsche"), den man von Prora aus zunächst erreicht. Um sich etwas mehr mit den Hintergründen zu beschäftigen, ist hier vielleicht ein Blick zurück hilfreich...

Wer einst von Binz an der Schmalen Heide entlang den Fahrweg nahm, musste sich kurz vor dem heutigen Neu Mukran entscheiden, ob er nach Sagard weiter ziehen wollte oder über den Gasthof "Hülsenkrug" zu dem eigentlichen Mukran, wo sich der Weg erneut gabelte und man entweder über Lancken nach Crampas oder über Dwasieden nach Crampas wollte. Alleine die Beschreibung zeigt bereits, wie tiefgreifend die Veränderungen in den letzten Jahrhunderten die Wegführung und die Bedeutung der Orte verändert hat, der heute abseits der Bundesstraße "B 96" (früher Fernverkehrsstraße "F 96") liegt. Eigentlich könnte man ihn fast übersehen, zumal er im Schatten des Fährhafens, der nie ein Industriehafen war und sich heute "Mukran Port" nennt, steht. 

Mukran selbst fand - wie viele andere Orte der Insel - im Jahre 1318 als "Mocran" im Pommerschen Urkundenbuch seine Ersterwähnung. Allerdings ist davon auszugehen, dass es die Besiedlung hier und im Umfeld schon weit früher gegeben hat. Davon zeugen auch Funde, wie steinerne Werkzeuge, die bereits Teil der Hagenow´schen Sammlung waren und aus Grablagen von Mukran gestammt haben sollen. Auch muss in Betracht gezogen werden, dass sich das etwa 35 Meter lange Großsteingrab von Dwasieden mit seinen beiden Wächtersteinen, welches schon Caspar David Friedrich skizzierte, nur unweit von Mukran befindet. In der Sagenwelt der Insel war diese Grabanlage übrigens das Werk einer Riesin, die hier ihre beiden ertrunkenen Kinder - darum die beiden Wächtersteine - begraben haben soll.

Der Flecken gehörte einst zum Haus Putbus. 1330, so ist es überliefert, verkauften die Brüder von Putbus ihren Untertanen in Mukran 16 ½ Hakenhufen und setzten die Abgaben dafür fest. Allerdings kam der Flecken nur kurze Zeit später in den Besitz des Stralsunder Heilgeist-Klosters. Dieses hielt daran bis in das 19. Jahrhundert fest und das Dorf mit seinen vier Bauernhöfen wurde verpachtet.


Wer allerdings meint, dass beispielsweise im 16. Jahrhundert an der Prorer Wiek noch nichts los gewesen sei, der irrt. Im sogenannten "Dreikronenkrieg" oder "Nordischen Siebenjährigen Krieg", in dem Dänen und Schweden sich bekriegten, ging es auch unweit von Mukran wüst zu: Am 21. Mai 1565 steuerte Peder Hvitfeldt mit seiner Armada die Küste Rügens, und damit neutrales Gebiet, an. Allerdings hat er bei seiner Landung gleich vier seiner Schiffe auf den Sand bei Mukran gesetzt und ließ sie im Anschluss in Brand stecken, um den Schweden zu entkommen. Der Landvogt auf Rügen, Georg von Platen, der herbeigeeilt war, als er davon hörte, sah nur noch, wie die Schiffe «Bjørnen», «Nattergalen», «Arken» und «Hamburg Jægeren» versuchten ihre Geschütze zu bergen, um die Feinde abzuwehren. Ihre Löschversuche misslangen zwar und auch die Schiffe waren verloren, doch zumindest waren sie gerettet. - Viele Jahrhunderte später (1985) sollten schließlich Marinetaucher an der Prorer Wiek eine Bronzekanone gefunden haben, die 1551 hergestellt worden war. 1994 wurden schließlich auch letzte Teile des Wracks von dem die Kanone stammte gefunden.

Wie wir heute wissen hat es in Mukran zu jener Zeit lediglich sechs Bauernhöfe und zwei Katen gegeben. Gute einhundert Jahre später waren nur noch vier Höfe und eine Kossatenstelle vorhanden. Und 1695 - auch das ist bekannt - wurde durch Landmesser Peder Wising das "Gut Mucran" aufgenommen und im Maßstab 1:8000 gezeichnet. 

Nachdem der Geheimrat von Hansemann das Gut Lancken mit dem Wald Dwasieden erworben hatte, wo er seinen Sitz errichtete (s. Streifzug),  erwarb er später auch den angrenzenden Ort Mukran. Welche Größe der Ort damals in etwa hatte, darüber gibt eine Aufzeichnung aus dem Jahre 1847 Aufschluss: Für Mukran sind 7 Wohnhäuser mit 67 Einwohnern verzeichnet worden, die als Bauern den Grund und Boden vom Kloster gepachtet hatten. Neben den vier Bauernstellen, die sogenannten "Klosterbauern" bauten hier u. a. Weizen an, wurden 1875 auch 2 Fischerstellen verpachtet. Ferner ist bekannt, dass hier - an der Südküste Jasmunds, zwischen Sassnitz und Mukran - zu jener Zeit Kreide festgestellt wurde. Das Recht zur Nutzung und Ausbeutung dieser Kreide, die direkt am Seeufer anfiel, war ebenfalls Mitte des 19. Jahrhunderts verpachtet worden.

Wer heute Mukran besucht, kann durchaus eine Verbindung zum benachbarten Gut Lancken feststellen: Das ähnliche Bauweise, der in der Ära von Hansemann errichteten Bauten lässt sich noch ablesen. Von Hansemanns Versuche, die Schulen Klementelvitz und Mukran 1898 aus dem Schulverband von Sagard-Saiser zu lösen, um sie nach Lancken einzugliedern, misslangen übrigens. Im gleichen Jahr gab es noch eine andere Aktivität: Südlich von Mukran wurde ein zweites deutsch-schwedisches Kabel mit einer Länge von etwa 116 Kilometern nach Trelleborg verlegt, welches am 4. November 1898 in Betrieb genommen wurde.

Das Gut Mukran wurde auch in der Zeit des Besitzes durch Adolph von Hansemann verpachtet: Gutspächter war vor etwa 120 Jahren - so belegen es jedenfalls alte Archivunterlagen - H. Freese. Später ist aus einer Zeitung zu erfahren, dass es 1914 zu einem Unglücksfall auf dem Gut kam, wobei der dreijährige Sohn des "Gutspächters F." rücklings in eine auf dem Fußboden stehende Wanne mit kochendem Wasser stolperte und sich dabei so stark verbrühte, dass er letztlich an den zugezogenen Brandwunden im Krankenhaus Bergen starb. Nach Herrn Stuth-Reidervitz wurde zu Johannis 1917 Herr Fr. Koos, der zuvor langjähriger Bauernhofpächter auf Gramtitz war, Gutspächter in Mukran.

Wer zu jener Zeit Mukran passierte, konnte übrigens über einen Weg, der rechts vom Hauptweg abging, über das Lanckener Pförtnerhaus in den Park Dwasieden hinein und über das Crampasser Pförtnerhaus wieder hinaus gelangen. Der von Hansemann erworbene Ort befand sich auf einer Höhenlage von 10 bis 40 Metern. Das nun bewirtschaftete Gut soll etwa 200 ha umfasst haben. Nach dem Tode Adolph von Hansemanns 1903 soll Lancken zunächst an seine Witwe, dann an die Familie von Oertzen gegangen sein. Dies erklärt sich, weil Hansemanns Enkelin, Otthilie Mathilde von Hansemann (1886-1968) den Hauptmann Joachim von Oertzen (1877-1950) geheiratet hatte. Mukran soll bis 1945 im Besitz ihres Sohnes Gert Kuno Albrecht von Oertzen gewesen sein. 

In dieser ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es immer mal wieder Meldungen, die sich auf Mukran bezogen: So war im Mai 1921 viel Treibgut durch das Wasser an den Strand getragen worden. Unzählige Bretter waren nicht bei Lohme und Sassnitz sondern auch in der Prorer Wiek angeschwemmt worden - alleine zwischen Binz und Mucran waren es wohl an die 296 Bretter, die man von einer Schiffsladung fand. Unklar blieb allerdings der Ursprung der über Bord gegangenen Ladung. Kein Einzelfall! Denn auch zuvor gingen hier Schiffbruch und Strandgut einher. Eines der Schiffe, die vor Mukran strandeten, war beispielsweise auch das Schiff "Onderneming" - bis dahin geführt von Kapitän Jon Hootsaager. Das Wrack wurde - unweit des Dorfes Mukran - am 12. Oktober 1841 morgens um 9 Uhr durch eine Auktion verkauft. - Doch zurück ins 20. Jahrhundert. Wie leichtsinnig auch manche mit der See umgingen, zeigt ein Beispiel aus dem Sommer 1926, als zwei unternehmungslustige junge Berliner ein fertig getakeltes Segelboot vor Mukran im Wasser sahen, es bestiegen, den Anker lichteten, um in See zu stechen. Um es vorweg zu nehmen: Sie waren des Segelns unkundig und trieben, durch ablandigen Wind immer weiter auf die Ostsee hinaus. Nach 31 Stunden "strandeten" sie - Glück im Unglück - lebendig auf Bornholm. Hier wurden die Reisenden ohne Pass empfangen, mit dem nächsten Dampfer nach Sassnitz gebracht und kamen direkt ins Bergener Gefängnis, wo sie Gelegenheit hatten sich auszuruhen und über das Erlebte sich Gedanken zu machen. 

Nur ein paar Jahre später kam es im benachbarten Neu Mukran zum Mord an Hans Liefländer aus Mukran: Der Knecht hatte im Sommer 1927 mit Bekannten im Gasthof "Hülsenkrug" gesessen, als er sich gegen 21.30 Uhr veranlasst sah, vor die Tür zu gehen. Kurze Zeit später kamen sechs Arbeiter benachbarter Güter auf ihn zu. Einer von ihnen soll Alfred Wagner gewesen sein, der auf Liefländer eifersüchtig wegen eines Mädchens war, was mit ihm auf dem gleichen Gut arbeitete. Er hatte die anderen zusammengerufen gehabt, sich mit Keulen zu bewaffnen und die Versammelten dann gegen Liefländer aufgereizt. Kurz nach dem Zusammentreffen vor dem "Hülsenkrug" soll nun Liefländer ohne vorherigen Streit von einer der mitgeführten Keulen auf dem Hinterkopf getroffen worden sein, so dass er blutüberströmt zusammen brach und kurz darauf verstarb. Allerdings soll der Schlag nicht von Wagner, seinem Widersacher, sondern dem Arbeiter Otto Wienholz ausgegangen sein. Wie ein gerichtsärztlicher Bericht später ergeben hat, war die Todesursache ein Schädelbasisbruch - Mörder und Anstifter waren geständig, wurden festgenommen und kamen ebenfalls nach Bergen ins Amtsgerichtsgefängnis...   

Starke Regenfälle lösten im Oktober des gleichen Jahres einige Uferabbrüche bei Mukran aus, wodurch riesige Erdmassen abgestürzt waren. Gleiches ist aus dem Jahre 1929 bekannt, als die Frühjahrsstürme dafür sorgten, dass auch noch im April große Teile der Steilküste zwischen Dwasieden und Mukran abstürzten, Bepflanzungen mit sich rissen und das passieren des Fußpfades am Steilufer lebensgefährlich machten - weshalb dessen Begehung polizeilich verboten werden musste. Schon wenige Jahre nach der Wende zum 20. Jahrhundert war es immer wieder durch Sturmfluten zu Abbrüchen an der pommerschen Küste gekommen. Bei Mukran kam es so zu Auswaschungen weicherer Kreideschollen im Geschiebemergel des Steilufers...

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Wenn wir heute von "Mukran" lesen, dann ist in den wenigsten Fällen von diesem kleinen etwas abseits gelegenen Ort Mukran die Rede, sondern von einer über Jahrzehnte währenden staatlichen Zerstörung der Natur - unter brauen, roten und nun grünen Vorzeichen. Sie frisst sich seit 1936 wie ein Krebsgeschwür durch die Insellandschaft und ehemalige Naturschutzgebiete südlich von Mukran. Wie schrieb es einst Stefan Wolter in seinem Buch "Der Prinz von Prora"? "Die Natur ist eigentlich viel zu sensibel, für das, was dort in gang gesetzt wurde." - Und: Diese Zerstörung ist noch lange nicht zu Ende...


Was, Du kennst diese Orte nicht?

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